Warum französische Kinder keine Nervensägen sind…

Erziehungskenntnisse aus Paris!
(auf Englisch heisst das Buch “Why french kids don´t throw food”)

Ich habe nun, nachdem es mir von mehreren – sehr unterschiedlichen Seiten & Menschen – empfohlen worden ist, mir dieses als auch “Was französische Eltern besser machen” – 100 verblüffende Erziehungstips aus Paris – bei Amazon bestellt. Als es am Freitag dann ankam, begann ich gleich mit den 100 Tips. Liest sich gemütlich und ich war auch an einem Nachmittag damit fertig! :-)

Ich stolperte vor kurzem über einen Artikel über dieses Buch, in dem die 6 “wichtigsten” Punkte kurz erwähnt wurden.

1. Wenn Schlafenszeit ist, bleibst Du in Deinem Zimmer. Dort kannst du allerdings tun, was Dir gefällt.

2. Du darfst am Wochenende insgesamt 2 Stunden fernsehen. Wann du das machst und welche DVD oder Sendung du dir anschaust, ist Deine Sache. (Natürlich Kindgerecht muss es schon sein!)

3. Bei jeder Mahlzeit sollst du von allem probieren, aber du musst nichts aufessen.

4. Wenn wir das Haus verlassen, kann ich dir in meinen Augen unpassendes Outfit verbieten. Dafür darfst du zu Hause anziehen, was du möchtest.

5. Süßigkeiten sind im Prinzip tabu, ausser als Nachmittagssnack.

6. Ich kaufe keinen überflüssigen Kram, aber du kannst solche Sachen von deinem Taschengeld erstehen. (Französische Kinder erhalten meist ab dem 7. Lebensjahr ein monatliches Taschengeld. Typischerweise orentiert sich die Summer am Alter, so bekommt ein 7-jähriger 7 Euro im Monat.)

Mir ist durchaus bewusst, dass die meisten dieser Punkte erst mit etwas älteren Kindern machbar sind als mit meinem nicht ganz 2 jahre alten Sohn. Jedoch denke ich, kann man sie etwas überarbeiten und an das Alter des Kindes anpassen…

So haben Georg und ich, letzte Woche beschlossen, es mit dem Schlafen gehen auszuprobieren. Seit Lucian – ich habe eh dazu eine Mami Frage geposted – alle Türen bei uns aufmachen kann, war das Schlafen gehen, eher etwas anstrengend. Weder bei ihm sitzen, bei oder mit ihm kuscheln, vorlesen, oder oder oder hat etwas geholfen. Er war top motiviert und wollte einfach Türen auf machen, noch Sachen entdecken, spielen usw. Da wir der Meinung sind, dass Lucian wirklich fast schon alles versteht, haben wir es ihm erklärt.

–> Es ist jetzt Schlafenszeit. Es ist schon spät, Mami & Papi wollen jetzt auch ein bisschen Zeit für und miteinander haben. Du darfst gerne noch ein Buch anschauen, oder auch ein bisschen mit deinen Autos spielen, aber Du bleibst jetzt oben. (Wir wohnen in einer Maisonette Wohnung, Lucians, unser Schlafzimmer und ein extra WC liegen im oberen Stock, der mit einer kleinen – durch Glas geschlossenen Fläche – Gallerie eigentlich offen nach unten zum Wohnzimmer ist. Somit haben wir den oberen Bereich mal zu Lucians Schlafbereich erklärt, da er ja eh immer wieder die Türen selber aufmacht & rauskommt. Wir sperren daher unser SZ zu als auch das Klo, und die Stiegen sind mit einem Kinder-Gitter – siehe Post zu Babyproof – gesichert. Sprich, er sieht und hört uns auch und wir natürlich ihn. Sprich, falls wirklich etwas sein sollte, sind wir im Nu bei ihm. Und so können wir auch mit ihm sprechen, bzw. hören wir ja eh auch noch zusätzlich alles über das Babyphone.

Er nimmt sich dann meistens ein paar Bücher, blättert diese durch, dann ein paar Spielsachen und räumt sie auf die Gallerie. Und wenn er merkt er wird müde, schnappt er sich sein Kuscheltuch – Aden&Anais – und seinen Momo (sein Kuscheltier) und setzt sich auf die Galerie und ruft dann – wirklich sehr lieb und vergnügt – “Mami” // “Papi”.
Wir antworten ihm dann natürlich auch immer wieder und sagen “Lucian, es ist schon spät, bitte geh jetzt ins Bett! Du musst schlafen gehen!” und so ähnlich.

Und dann wird es meistens still. Denn er schläft auf der Gallerie ein und ich trage ihn dann ins Bett. Einige werden mich, bzw. uns jetzt sicherlich als Rabeneltern beschimpfen und sich denken “das arme Kind! Wie kann man es nur am Boden einschlafen lassen??” Aber wir alle wissen, vorallem die, die schon ältere haben – Kinder schlafen, wenn sie müde sind, ÜBERALL!! Ganz egal ob bequem oder laut…
Und er schläft ja nicht weinend ein. Entweder – unsere Theorie – ist es ihm schon zu heiss in seinem Zimmer/Bett – DG Wohung, da wird es schnell sehr warm – oder er hört einfach gerne unsere Stimmen/den TV…

Screen shot 2014-05-26 at 10.16.35 AM

So sieht es aus, wenn er auf der Gallerie eingeschlafen ist – bis auf das letzte Bild rechts unten,…

Man sagt ja, Kinder brauchen ca. 10-14 Tage um sich an ein neues Ritual, an eine Unstellung anzupassen. Und siehe da – gestern Abend war es dann soweit! :-)
Er ging, als er merlte müde zu werden, ganz von selber in sein Zimmer, in sein Bett, hat sich hingelegt und geschlafen. Seine Zimmertüre war natürlich offen, und so konnte er uns auch hören…

Ich bin froh, dass es 1 Mal funktioniert hat, bin optimistisch und hoffe sehr, dass dies kein einmaliges Erlebnis war. Denn ich möchte nicht jeden Abend mit ihm diskutieren und ihn 100 Mal ins Bett schicken müssen… Es ist anstrengend und ich möchte nicht immer Nein sagen müssen. So geben wir ihm die Freiheit selbst zu entscheiden; spielen, lesen, bauen oder schlafen gehen.

Man hat als Paar prinzipiell eh schon sehr wenig Zeit unter der Woche alleine miteinander. Ich will nicht nur Mami sein, ich will auch Partnerin & Ehefrau sein. Und das kann ich nur, in Ruhe, zumindest, wenn mein Kind friedlich schläft. Und am Ende des Tages, ist es auch in seinem Sinne, wenn sich Mami & Papi gut verstehen, miteinander Zeit verbringen können und das nicht nur, wenn man das Kind abgegeben hat…

Ich bin gespannt, wie es weiter geht.

Weitere Tips, bzw. Erziehungs-“Regeln” die ich gerne umsetzen würde;

Nr. 27 – “Nur ein Snack pro Tag”
Sprich, es gibt Frühstück, dann Mittagessen, am Nachmittag eine Jause und am Abend Abendessen. Die Frazosen meinen, ein hungriges Kind isst gerne, und ein mit Snacks vollgestopftes verweigert gerne mal. Das heisst jetzt nicht, dass das arme Kind bis zum Mittagessen fasten muss, aber ein ordentliches Frühstück sollte bis zum Mittagessen ausreichen und am Nachmittag gibt es dann eben einen Snack – bestehend aus Obst, in welcher Form auch immer, auch mal Keksen oder etwas anderem Süßen. Zu trinken gibt es immer nur Wasser.

Nr. 28 – “Trösten Sie nicht mit einem Keks”
ich glaube diese Regel ist ziemlich selbsterklärend…
Obwohl ich es nur ganz, ganz selten gemacht habe, habe ich es gemacht. Das wird sich jetzt aufhören!

Nr. 30 – “Lassen sie die Kinder kochen”
Das habe ich gleich gestern umgesetzt und Lucian mir helfen lassen, das Abendessen zu kochen. Wir haben gemeinsam Pizza gemacht, er durfte die Tomatensauce verteilen und den geriebenen Käse. Hat uns beiden viel Spaß gemacht! :-)

Nr. 33 -“Du brauchst nur probieren”

Aufs Essen bezogen!

Nr. 41 – “Kein Stress beim Abendessen”
–Machen sie auch keinen zu grossen Aufstand ums Essen, sondern bleiben sie cool.
Dem Essen immer gelassen und positiv gegenüber stehen. ja nicht Dinge wie “dieses Gemüse ist SO WICHTIG für Dich, oder es ist SO GESUND” sagen. Essen ist essen und sollte gerne und entspannt gegessen werden! Bzw. “zumindest gekostet werden muss es!”

Nr. 43 – “Kurz und gut”
Wenn Kinder mit dem Essen fertig sind, dürfen sie in der Regel aufstehen und zB noch spielen gehen. Meine Schwestern und ich durften das auch immer. Wir haben immer brav gefragt “darf ich bitte aufstehen, ich bin fertig mit dem Essen”. Und es war ok.

Nr. 46 – “Ein paar Zauberworte”
“Bonjour” also Guten Tag, Aufwiedersehen, Bitte & Danke gehören zum ganz normalen Höflichkeits-Vokabular. Je eher man den Kindern vermittelt das es üblich, normal ist, desto schneller lernen sie es und machen es von sich aus.

Nr. 47 – “Fördern Sie die Lust am Entdecken und Ausprobieren”
Einfach die Kinder “ihre” Welt entdecken lassen.

Nr. 48 – “Lassen Sie Ihr Kind spielen”
Kleine Kinder sollten so viel Freizeit wie möglich haben.

Nr. 50 – “Bleiben Sie auf dem Spielplatz im Hintergrund”
Das wird schwer für mich, aber ich werde mein bestes geben!!!

Nr. 53 – “Geben Sie Ihren Kindern reichlich Gelegenheit das Warten zu üben”
Sprich, Kindern sollen verstehen lernen, dass es eine Zeit für sie gibt, aber auch eben für Erwachsene. Sprich, wenn ich telefoniere, und Lucian daher gelaufen kommt und 10 Mal MAMI schreit, muss er warten, bis ich mein Telefonat beendet habe. Aber DANN schenke ich ihm meine komplette Aufmerksamkeit und bin für ihn da. Aber er muss lernen “zu warten”. bzw. abwarten, bis er dran kommt. Wenn sich Kinder verletzt haben oder etwas anderes schlimmes passiert ist, gilt diese Regel klarerweise nicht!!

Nr. 61 – “Reagieren Sie gelassen auf Wutanfälle”
Ich mache das schon seit ein paar Wochen, wenn Lucian einen hyterischen Anfall bekommt, weil zB das letzte Hirsebällchen gegessen wurde, oder er nicht mit der Schere spielen darf, die er sich aus einer verbotenen Lade gehaolt hat, lasse ich ihn “ausrauchen”. Er liegt dann meistens am Boden und schreit und brüllt. Wenn ich das Gefühl habe er kommt langsam runter, gehe ich zu ihm hin, biete ihm an, er kann gerne zu mir kommen – das ganz auf Augenhöhe – oder frage ihn ob ich ihm was anderes zum spielen anbieten kann… manchmal funktioniert es toll. Manchmal nicht.

Nr. 62 – “Haben Sie auch selbst Geduld”
Einfach Ausdauer zeigen. Es wird nichts über Nacht passieren oder sich ändern!

Nr. 63 – “Übertragen Sie ihrem Kind echte Aufgaben”
zB den Tisch decken, den Müll raustragen, die Wäsche aus der Maschine nehme und Co.
Auch wenn es mir sehr schwer fällt, ihn mir helfen zu lassen, versuche ich es immer wieder. Lucian darf den Tisch am Abend decken. Bis jetzt ist noch nichts passiert, bzw. zu Bruch gegangen! Er ist sehr angagiert bei der Sache und freut sich immer sehr, wenn er helfen kann. Mit Georg darf er den Geschirrspüler ausräumen. Da habe ich noch zu wenig Geduld dazu! :-)

Nr. 89 – “Am Abend ist Zeit für die Erwachsenen”

Nr. 90 – “Stellen sie kein Tepee (Tipi) in Ihr Wohnzimmer.”
Ich habe oft Freunde von uns bewundert, als wir noch kein Kind hatten, wie sie es aushalten mit SO VIEL Spielzeug im Wohnzimmer,… ich fand es immer fürchterlich.
Jetzt habe ich selber ein Kind, eine Kinderküche im Wohnzimmer stehen und und und…
Jetzt bewundere ich immer die Freunde von uns, die es geschafft haben, dass ihre Kinder immer nur, im KiZi spielen und auch kein Spielzeug von ihnen im WZ zu finden ist.. wie mach sie das??
Jedoch, hab eich lustiger Weise, bevor ich dieses Buch in die Hände genommen habe, beschlossen, auch wieder mehr Spielzeug in Lucians Zimmer zu stellen und unser WZ wieder mehr zu einem Wohnzimmer zu machen.
Alles geht nicht, er soll ja auch unten bei mir spielen können,… aber ich merke auch, dass er schon gerne in seinem Zimmer spielt, vorallem, wenn Freundinnen mit etwas älteren Kindern zu uns kommen und sie so in Ruhe und zurückgezogen zusammen spielen können. Ich finds toll. Hab früher auch nur in meinem Zimmer oder bei meinen Schwestern gespielt.

Nr. 92 – “Sagen sie mit Überzeugung NEIN”
Dir Franzosen glauben, dass es noch einen weiteren Schlüssel zu mehr Autorität gegenüber ihren Kindern gibt, und zwar: so oft wie möglich etwas zu erlauben. Man muss sich ein wenig umstellen, damit die Antwort überhaupt “JA” lauten kann. Aber letztendlich profitiert man von der positiven Wirkung. Das Kind fühlt sich respektiert und kann seinem Bedürfnis, etwas alleine zu tun, nachkommen. Totale Freiheit wäre natürlich zu viel des Guten. Daher sieht das ideale Szenario der typischen französischen Erziehung vor, dass ein Kind um Erlaubnis fragt, etwas tun zu dürfen, und die Eltern ihm diese gern geben. Aber ein NEIN ist und sollte auch ein NEIN bleiben,…

Nr. 93 – “Erklären Sie die Gründe Ihrer Regeln”
Wenn estwas verboten oder mit Nein beantwortet wird, sollte man dazu erklären warum dem so ist. “Nein, du kannst/darfst jetzt kein Keks mehr essen, denn Du hast ja schon Zähne geputzt”.

Da hab ich eh einiges vor. Aber ich denke, es ist machbar. Man muss halt konsequent sein. Und ich glaube DAS ist überhaupt der Schlüssel einer guten Erziehung.

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